Ich war noch nie ein Markenartikel-Käufer. Nicht einmal bei Lebensmitteln kaufe ich viele Markenartikel, lediglich Nutella und gelegentlich Kölln Schoko-Müsli und einige wenige französische Käse-Sorten. In Sachen Klamotten besitzt mein Sohn die größte Anzahl an Markenartikeln, ich selbst muss schon schwer überlegen, was ich in meinem Schrank habe. Einen Cinque-Blazer, der mir schon lange nicht mehr passt, ein Paar Hogan-Sandalen, ein Paar Prada-Stiefeletten, ein Paar O’Neill-Schuhe, zwei Paar Gola-Schuhe, mehrere Paar Sandalen von Reef und Teva. Lediglich meine Tennistasche enthält beinahe ausschließlich Markenartikel von Adidas, Ellesse, Wilson etc. Mein Sohn besitzt viele Nike-Schuhe und einige Marken-Jeans von Ecko (die er nicht mehr trägt) und von Levi’s (die er viel lieber trägt).
Der Glaube daran, dass Markenartikel immer besser sind, hat mich schon lange irritiert. Viele Menschen in meiner Umgebung verkünden häufig, sie kauften lieber Marken, da die Qualität sehr verlässlich sei (Meist kaufen die auch beim Metzger ein, wo sie dann auch nur Wurst aus der gleichen Fabrik kaufen, aus der auch die abgepackte bei Plus kommt. Man sollte doch unterscheiden zwischen Produkten, die der Metzger selbst frisch herstellt und solchen, die er auch nur beim Großhändler kauft).
Was ich nie gekauft habe, waren Produkte von sogenannten Hausmarken. Wer eine Vlies- oder Daunenjacke mit einer Aufschrift McNeal trägt, stellt öffentlich zur Schau, dass er die Billigmarke von Peek&Cloppenburg kauft, die aber noch immer mehr Geld kostet, als sie eigentlich wert ist. Seine Nachricht an wirkliche „Label-Addicts“ ist: „Ich bin nicht bereit, noch tiefer in die Tasche zu greifen, damit auf dieser Jacke ein Hilfiger-Label prangt.“. An die Garde der Discount-Käufer signalisiert er: „In Läden wie KIK oder Zeeman werde ich nie einen Fuß setzen. Das ist mir zu billig.“ Letztlich läuft er aber im absolut einfallslosen Einheitsdress herum. Nichts gegen Designer-Mode. Als Elle-regelmäßig-Durchblätterin (Leserin wäre wirklich zu viel gesagt – lesen kann man den Mist tatsächlich nicht), weiß ich, dass die Firmen Hilfiger, GANT, Ralph Lauren, Dolce&Gabbana, Tod’s, Prada und wie sie nicht alle heißen, teilweise sehr geile Sachen machen. Die Leute hier laufen nur alle mit dem gleichen Einheitslook rum und geben dafür Unsummen aus. Beispiel: die hellrosa Polohemden, mannomann! Dazu am besten noch eine marineblaue Daunenweste von Hilfiger! Gut, eine solche Weste besitzt mein Sohn nicht, aber einen hellrosa Wollpullover und hellblaue Polohemden auch, aber die haben alle Bruchteile der Markenware gekostet (Polohemden zwischen 1 und 5€, Pullover zwischen 1 und 15€, der rosafarbene hat 10€ gekostet). Geld ausgeben ist okay, aber dann doch bitte für etwas, womit man sich abhebt! Die bereits beschriebenen Nike-Schuhe in Farbgebungen, die allein schon deshalb kaum einer besitzt, weil sie in einer sehr geringen Auflage nur an sehr wenige Händler gegangen sind.
Mein Umgang mit Marken ist sicher sehr extrem. Ich habe zwar prinzipiell nichts direkt gegen Marken und denke, dass die Investition in das eine oder andere Marken-Kleidungsstück seinen Preis durchaus wert sein kann, greife aber immer seltener zu.
Ich möchte hier noch einige Menschen nennen, die viele Markenklamotten tragen und dennoch auch in meinen Augen eine gute Wahl treffen: L., der Freund meines Sohnes, der eigentlich nur Labels durch die Gegend trägt. Allerdings hat er ein Händchen dafür, besondere Exemplare zu finden. Ich, die ich normalerweise nie Boutiquen betrete, die eine größere Auswahl an Polohemden der Marken Lacoste und La Martine führen, und keine Ahnung davon habe, in welchen Mustern es die Polohemden noch gibt, abgesehen von den Farben, die einem ständig über den Weg laufen, bin häufig freudig überrascht von ausgefalleneren Mustern, wie er sie trägt. Ich muss ihn mal danach fragen, wo er die kauft und nach welchen Kriterien er auswählt. Könnte gut sein, dass er bei eBay kauft – ist aber nur eine Vermutung. Zu viel Geld dürfte er eigentlich nicht haben, aber wer weiß?! Der nächste Freund, U., hat mehr Geld, aber doch etwas weniger Stil, wie ich finde, in jedem Fall aber immer ganz teure Klamotten am Leib. Er kauft definitiv nur in edlen Boutiquen und lässt sich dort wohl auch gut beraten, denke ich. Jedenfalls entdecke ich an ihm häufiger Dinge, die ich bei Anderen bisher noch nie gesehen habe. Z.B. Jeans-Modelle, die mir wirklich gefallen, meist von Hilfiger. Ein Mensch, der keinen wirklichen modischen Riecher, aber ausreichend Geld hat, profitiert eindeutig von der Beratung in einem guten Fachgeschäft. Allerdings ist er auch wirklich sehr davon überzeugt, dass Qualität und Preis zueinander proportional sind und versteigt sich bei einem gemeinsamen Stadtbummel auch schon mal zu abfälligen Sprüchen über einen 50€-Anzug (in einem Schaufenster), der ja ganz offensichtlich „nichts taugt“, wobei sich mir der Gedanke aufdrängt, dass er sich den Anzug gar nicht näher angesehen hat, sondern nur aufgrund des Etiketts urteilt. Da bin ich dann immer mal wieder sehr erstaunt und weiß gelegentlich nichts zu erwidern.
Andrea, die heute wieder ein Weilchen hier in meiner Küche mit mir geplaudert hat, ist eine totale gemischt-Käuferin – viele Markenartikel, oft gebraucht, aber gelegentlich muss es auch ein ganz bestimmtes Modell aus einer Boutique oder direkt aus den USA (eBay sei Dank) importiert sein – aber auch viele preiswerte Artikel, sie hat keinerlei Scheu vor Ramschläden – insgesamt jedenfalls eine Viel-Käuferin - zeigte heute echten Gefallen, an einem von mir frisch erworbenen T-Shirt für 0,10€ und fragte prompt, ob es das auch in XXL gegeben hätte (für den Gatten). Natürlich nicht! So ein 0,10€-T-Shirt ist in der Regel ein Einzelteil aus irgendwelchen Retouren. In jedem Fall handelte es sich um ein sehr schönes Stück! Schmunzeln musste ich auch, als sie dann sagte: „Ach ja, Urban gibt es ja auch leider nicht mehr! (...) Seufz!“.
Den Spruch hätte mein Kollege hören müssen, den ich heute in der Fußgängerzone in Schulnähe traf, als ich meinen wöchentlichen Zug durch mindestens zwei Ramschläden antrat (man muss ja immer mal gucken, was es da so gibt, was mittlerweile reduziert wurde etc. – ist außerdem nur ein ganz kleiner Umweg auf dem Weg zur U-Bahn). Als ich also auf die KIK-Filiale zusteuerte, meinte er, da gebe es doch nur Müll, woraufhin ich, spontan äußerte, dass sei „kein Müll, sondern lediglich schlecht präsentiert.“. Er hat gut gelacht und so einen (seiner Meinung nach total blöden, von mir aber doch recht ernst gemeinten) Spruch noch nie gehört. Drinnen habe ich dann mal gezielt nach „Müll“ gesucht. Reine Synthetik-Pullover müssen ja nicht unbedingt direkt Müll sein, das gilt also als Kriterium nicht. Schiefe Nähte aber wohl! Gut, ich geb’s zu, mindestens zwei Pullover mit sehr schiefen Nähten in Händen gehalten zu haben! Ich habe dort schon etliche Pullover gefunden, die ich an anderen Orten mit anderen Etiketten zu viel höheren Preisen gesehen hatte. Auch dort findet man, abgesehen von günstiger Kleidung eine Mischkalkulation. Von den Artikeln unter 2€ (Haarspangen, Haushaltsartikel, Gebäck, Süßigkeiten, etc.) ist einiges teurer als anderswo. Der Rest ist einen Versuch wert. Nicht ohne Grund wurde vor zwei Wochen die
2000ste Filiale eröffnet.